ALBUM | Miles Davis „At Newport 1955-1975: The Bootleg Series Vol. 4“ | ab heute im Handel

Seit 1959 zieht das Newport Jazzfestival die Musikfreunde der Welt in seinen Bann und liefert unvergessliche Anekdoten für die Historie. Jazzlegenden aller Epochen waren hier zu Gast – von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong bis zu John Coltrane und Thelonius Monk. Keiner dieser Namen allerdings ist so untrennbar mit dem Event verbunden wie der von Miles Davis. Den Trompeter verband eine enge Freundschaft mit Impresario George Wein, der das Newport Festival 1955 ins Leben rief und den Trompeter acht Mal in 20 Jahren als Star seines Events präsentieren konnte.

Columbia/Legacy, die Katalogabteilung von Sony Music Entertainment, erinnert nun mit MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975: THE BOOTLEG SERIES VOL. 4, einem 4 CDs umfassenden Boxset, an Miles‘ Auftritte. Die Aufnahmen, die hier zu hören sind, stammen aus den Jahren 1955, 1958, 1966, 1967, 1969, 1971, 1973 und 1975. Sie wurden in Newport und New York sowie bei den europäischen Gastspielen des Festivals in Berlin und der Schweiz mitgeschnitten und spiegeln eindrücklich die künstlerische Entwicklung des Musikers wider. Die Veröffentlichung von MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975: THE BOOTLEG SERIES VOL. 4 am 17.Juli läutet gleichzeitig die diesjährige Ausgabe des Newport Jazz Festivals (NJF) ein. Es wird knapp zwei Wochen nach VÖ des Boxsets, vom 31. Juli bis zum 2. August, stattfinden und ganz im Zeichen des legendären Musikers stehen.

Vor 60 Jahren hatte der Trompeter auf dem NJF erstmals mit einer grandiosen Session für Furore gesorgt, die ihm schließlich einen Plattenvertrag bescherte. An dieses Jubliäum erinnert man 2015 mit einer Reihe von Workshops und Tribut-Konzerten.

MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975 ist die vierte Ausgabe der von der Kritik gefeierten Bootleg Series. Die vier CDs des Sets kommen auf insgesamt 296 Minuten Spieldauer, fast vier Stunden lang ist hier ausschließlich bisher unveröffentlichtes Material versammelt. Das Set eröffnet mit Miles‘ erstem Gig im Jahr 1955 (eine kurzfristig arrangierte Jam-Session mit Thelonious Monk und Gerry Mulligan, die dem Trompeter direkt das Signing bei Columbia einbrachte) und enthält auch einen Ausschnitt aus Miles‘ letztem öffentlichen Auftritt der 1970er Jahre (1975 in der New Yorker Avery Fisher Hall).

Weitere Highlights auf MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975 sind vollständige Live-Mitschnitte des großartigen “Kind of Blue”-Sextetts um Cannonball Adderley, John Coltrane, Bill Evans, Paul Chambers und Jimmy Cobb aus dem Jahr 1958 und des “Second Great Quintet” um Wayne Shorter, Herbie Hancock, Ron Carter und Tony Williams aus den Jahren 1966 und 1967.

Diese Performances sind Meilensteine des Jazz und der populären Musik und auch 2015 wird vom 31. Juli bis zum 2. August in Rhode Island Musikgeschichte geschrieben. Dafür sorgt – unglaublich aber wahr – auch noch im Alter von 89 Jahren George Wein, der Vater des Festivals. Viele der Stars, die er diesmal eingeladen hat – Ambrose Akinmusire, Chris Botti, Peter Evans, Jon Faddis, Tom Harrell, Arturo Sandoval oder Bria Skonberg – werden zur Erinnerung an das Miles-Jubiläum Kompositionen des Trompeters in ihre Sets integrieren.

Am Festivalwochenende wird Miles Davis nicht nur musikalisch im Vordergrund stehen. Unter der Leitung des Musikhistorikers und Grammy®-Preisträgers Ashley Kahn veranstaltet das Miles Davis Estate auch zahlreiche Workshops, die sich mit dem Leben und Schaffen des Musikers beschäftigen. Hier wird sich auch George Wein einklinken, der Nate Chinen, einem Kritiker der New York Times und Co-Autor seiner Biografie (Myself Among Others: A Life In Music) auf dem Podium Rede und Antwort stehen wird. Außerdem werden Ausschnitte aus Clark Terrys Dokumentarfilm Keep On Keepin’ On (produziert von Quincy Jones) gezeigt und eine Diskussionsrunde wird Miles‘ Affinität zur E-Gitarre thematisieren.

Columbia/Legacy ist ebenfalls mit von der Partie und stellt beim Newport Festival das neue Boxset MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975: THE BOOTLEG SERIES VOL. 4 vor. Die Hörprobe begleiten Co-Produzent und Grammy®-Preisträger Steve Berkowitz, der künstlerische Berater Nell Mullderry sowie Miles‘ Neffe, der Drummer Vince Wilburn Jr.. Ashley Kahn, der diese Veranstaltungen kuratiert, hat auch die Liner Notes zu dem Boxset beigesteuert. Über die historischen Auftritte des Trompeters auf Rhode Island sagt er in seinen Aufzeichnungen: “Jedesmal, wenn Miles Davis beim Newport die Bühne betrat, merkte man, wie ihn dieses Festival dazu anspornte, Bestleistungen abzuliefern und den Jazz auf eine neue Ebene zu heben.”

Dass das Publikum solche Momente überhaupt erleben durfte, lag an der perfekten Symbiose, die George Wein und Miles Davis eingegangen waren. Wein lud Miles auf sein Festival ein, um Newport groß zu machen und der Trompeter scharte dort die besten Musiker der postmodernen Jazz-Ära um sich. Das Publikum nahm das Event (und später auch seinen Spin-Off, das Wein’s Newport Folk Festival) mit Begeisterung an. 10000 Jazzfans konnten hier in einem überraschend intimen Setting die Gigs ihrer Helden verfolgen.

Wein erinnert sich an den allerersten Jam des Jahres 1955: “Musiker halten mit einem Blasinstrument normalerweise Abstand von ihrem Mikro, um Verzerrungen zu vermeiden. Als Miles damals sein Solo zu “Round Midnight” anstimmte, hielt er den Schalltrichter seines Horns direkt ans Mic, und was wir dann zu hören bekamen, klang glockenrein. In diesem Moment, mit einer simplen Bewegung, wurde er zum Star des Festivals und kurz darauf nahm ihn George Avakian [A&R-Mann bei Columbia Records] unter Vertrag.”

Seine Faszination verdankte das NJF seiner Programmvielfalt – traditioneller Jazz traf hier auf Bop, Hard Bop und Re-Bop. Künstler aus den Sparten Jazz, Jazz-Rock, Rock-Jazz bis hin zum R&B traten auf – und dieser Programm-Mix wurde von George Wein genial angerührt. Ashley Kahn hält Wein auch für den Vorreiter anderer legendärer Großveranstaltungen und sagt: “Er beeinflusste Generationen von Festivalproduzenten und Impresarios. Angefangen bei bahnbrechenden Eintages-Events wie dem 1967er Monterey International Pop Festival oder Woodstock, bis hinzu regelmäßigen Open-Airs wie Coachella, Bonnaroo, Glastonbury und Montreux.”

Wein beeinflusste aber nicht nur Festivalimpresarios. Die Verbindung zwischen dem New Port Jazz Festival, seinem Gründer und Miles Davis, sorgte auch dafür dass der Trompeter in den späten 60ern den Jazz in eine neue Dimension transportierte.

1969, knapp zwanzig Jahre, nachdem das NJF zum ersten Mal über die Bühne gegangen war, zeigte sich Wein immer noch gewohnt kreativ bei der Programmgestaltung. Diesmal hatte er Bands wie Led Zeppelin, die Mothers of Invention, Jeff Beck oder Sly and the Family Stone eingeladen, und natürlich durfte auch Miles Davis nicht im Line-Up fehlen.

Miles war gerade in den Vorbereitungen für sein Bitches Brew-Album, das alles umkrempeln sollte, was man je in der Jazzmusik gehört hatte. In sechs Wochen sollten die Aufnahmen stattfinden, die Live-Band um Hancock, Carter und Williams war gegen Chick Corea, Dave Holland und Jack DeJohnette ausgetauscht worden.

Die Instrumentierung war jetzt Elektronik-lastiger, der Drumsound raumgreifender und Miles ließ im Eilschritt die Jazz-Spielarten zurück, die er selbst geschaffen und populär gemacht hatte. Er hatte den Rock für sich entdeckt und das 1969er Festival war der endgültige Auslöser, diesem Sound in seinen Kompositionen mehr Raum zu geben.

Für diejenigen die damals mit dabei waren, ist die Sache klar: NJR war der große Knall aus dem Bitches Brew geboren wurde. Das bestätigt George Wein im Gespräch mit Ashley Kahn: “Ich weiß noch, dass Miles das Newport immer so schnell wie möglich verließ. 1966 kam er mit dem Boot, lieferte pünktlich seinen Gig ab und ehe man sich’s versah, war er auch schon wieder mit dem Boot verschwunden. Aber 1969 war das ganz anders. Er blieb vom ersten bis zum letzten Tag. Er stand direkt neben mir, hörte sich jede Gruppe an und beobachtete die Reaktion des Publikums. Wer bekam den größten Applaus? Welcher Sound wurde gespielt? Er studierte genau, was vor sich ging. Und das, was er zu hören bekam, beeinflusste die letzten Jahre seiner Karriere.”

MILES DAVIS AT NEWPORT 1955-1975 wurde von dem mehrfach Grammy®-prämierten Team um Richard Seidel, Michael Cuscuna und Steve Berkowitz produziert. Ausführende Produzenten waren Cheryl Davis, Erin Davis und Vince Wilburn Jr. Gemastert wurden die Aufnahmen von Mark Wilder und Maria Triana in den Battery Studios in New York City. Bei den Original-Gigs handelt es sich um George-Wein-Produktionen.

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Quelle: Columbia/Legacy Recordings | Promoteam Schmitt & Rauch