ALBUM | Mary Queen of Scots – Max Richters Original-Filmsoundtrack | im Handel

Max Richters Werk trägt in Mary Queen of Scots nicht nur zur eindrucksvollen, geschichtsträchtigen Atmosphäre des Films bei, sondern auch zu dessen tiefer emotionaler Wirkung. Kriegstrommeln neben Frauenstimmen, lyrische Ambient-Musik und feierliche Tänze, bewegende Melodien von Streichern und Holzbläsern – praktisch jeder Szene verleiht Richters Musik Farbe und Tiefe, zeitlos und persönlich lässt sie das historisch-politische Drama erscheinen. Das Album mit dem Original-Filmsoundtrack von Mary Queen of Scots wurde am 7. Dezember von Deutsche Grammophon veröffentlicht. Der Film von Focus Features unter der Regie von Josie Rourke mit Saoirse Ronan in der Titelrolle und Margot Robbie als Elisabeth I. startete am 7. Dezember in den
………………………………………………………USA und läuft am 17. 01.19 in den deutschen Kinos an.

Mary Queen of Scots – auf der Grundlage von Dr. John Guys Buch Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart – widerlegt falsche Vorstellungen. Die Titelheldin erscheint hier nicht als schwache, promiskuitive Monarchin, vielmehr schildert der Film Verrat und Rebellion an Marias turbulentem Hof, wo die Männer im Umfeld der Königin insgeheim und unablässig an ihrem Untergang arbeiteten. Die Geschichte entwickelt sich vor dem Hintergrund von Marias Verhältnis zu ihrer Kusine, Königin Elisabeth I. von England. Die beiden Frauen verstanden einander auf einzigartige Weise, waren voneinander fasziniert und forderten sich heraus. Beide waren gezwungen, in einer von Männern dominierten Welt Opfer zu bringen – und beide zahlten den bitteren Preis der Macht.

Richter selbst produzierte den Soundtrack von Mary Queen of Scots, der neben seiner eigenen Musik auch die Renaissance-Motette If Ye Love Me des großen englischen Komponisten Thomas Tallis (1505–85) enthält. »Das war unter anderem das Schöne an diesem Projekt«, sagt Richter, »dass ich mich wieder mit Renaissance-Musik beschäftigen konnte, die ich sehr mag. Der Film widmet sich zwar historischen Ereignissen, aber in der Art und Weise, wie die Themen der Geschichte erzählt werden, ist er modern. Dieser Dialog zwischen historischem Material und moderner Technik ist ein wichtiges Element meiner Kompositionspraxis.«

Richters Partitur illustriert die dramatische Spannung zwischen greifbarer Verständigung und tragischer Realität, er sagt: »Ich wollte, dass der Film von den Stimmen der Frauen getragen wird, ihre Stimmen sind die ersten und die letzten Töne, die wir in dem Soundtrack hören. Ich habe sie als Rahmen genutzt, als eine Art akustische und psychologische Landschaft, in der sich die Geschichte entfaltet. Die anderen Elemente der Musik bevölkern diese Landschaft wie Figuren im Vordergrund, an erster Stelle die Trommeln, die Krieg bedeuten, den Triumph der Zeit über die Wünsche der Menschen und die Welt männlicher Brutalität. Natürlich beschwören sie in dieser Geschichte auch das Bild der Trommeln des Scharfrichters und eines Trauerzugs. Diese Spannung zwischen den Trommeln und den Frauenstimmen trägt große Teile der Musik.«

Obwohl er moderne Mittel verwendete, ließ sich Richter von der Machart elisabethanischer Musik inspirieren, als er die Filmmusik komponierte. »Es war großartig, diese beiden Welten zusammenzubringen, die historische und die gegenwärtige«, erklärt er. »Ich nutzte Kompositionstechniken des 16. Jahrhunderts, beispielsweise die Ostinato-Variation und den polyphonen Chorsatz, aber in der Art des 21. Jahrhunderts, sodass die Musik zwar an Kompositionen aus Maria Stuarts Zeit erinnert, aber keine pseudohistorische Musik ist, sondern der Modernität von Josies Erzählstil entspricht.«

Zu den thematischen Aspekten der Musik erklärt Richter weiter: »Maria und Elisabeth haben ein gemeinsames Thema. Sie waren zwar Gegnerinnen, das wird deutlich, aber beide hatten eine besondere und einsame Stellung in der Welt der Männer. Die Musik nutzt harmonische Fragmente, die uns an Händels Krönungshymne von 1727 erinnern, sie beschwört so das Bild von ›Königlichkeit‹ im weiteren Sinn. Marias eigene Stimme in diesem Thema wird durch das Solo-Englischhorn verkörpert, das ich vor allem wegen seiner melancholischen Klangfarbe gewählt habe. Neben dem Thema der Königinnen gibt es auch ein Thema für die Welt, in der sie leben, also die Männerwelt. Die Musik der Königinnen und die Musik der Männer werden von großem Orchester gespielt und beide haben im Sinne elisabethanischer Praxis als Fundament einen ostinaten Bass. Diese beiden musikalischen Komplexe sind ähnlich gebaut, aber die Harmonik der Musik der Frauen ist subtiler und bietet mehr Raum für Entwicklung. Die Musik für die Männerwelt, eine Art orchestrales Death Metal, ist dagegen ungeschliffen.«

Richter fasst seine Vorstellung von dieser Musik noch einmal zusammen: »Durch die vorsichtige Verwendung historischer Verfahren innerhalb einer grundsätzlich modernen Musiksprache hoffe ich für die Zuhörer einen Dialog zwischen ganz unterschiedlichen Epochen zu schaffen, und das setzt in unserem Geist einen Diskurs in Gang, der uns in eine eindrucksvolle, sehr bewegende Geschichte hineinzieht.«

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Quelle: Deutsche Grammophon